Um Stevia rebaudiana gibt es derzeit einigermaßen Wirbel - aber für meine Begriffe noch immer nicht genug. Es handelt sich um eine alte südamerikanische Kulturpflanze, deren Eigenschaften sich lesen wie frei erfunden: süßer als Zucker, keine Kalorien, weniger Zahnschäden, keine Nebenwirkungen. Das mag man kaum glauben und die EU tut das auch nicht - sie stufte die jahrhundertelang in Südamerika getestete und in Japan groß vertriebene Pflanze als "novel food" ein und verbot den Vertrieb als Nahrungsmittel. Seit dem 2.12.1012 hat sich das jedoch geändert und mittlerweile kann man den süßen Stoff anwendungsgerecht beim Discounter kaufen, ohne auf irgendwelche dubiosen "Badezusätze" oder dergleichen zurückgreifen zu müssen.
Meine erste Stevia habe ich als bewurzelten Steckling auf einem Marktstand gekauft und im Garten im Tomatenhäuschen ausgepflanzt. Sie wuchs anfangs gut, ich machte weitere Stecklinge davon, die auch anfangs gut wuchsen. Später stellten alle Pflanzen, auch die, die unter verschiedenen Bedingungen am Zimmerfenster und im Wintergarten wuchsen, das Gedeihen ein und die hoffnungsvoll begonnene Plantage nahm ein vorzeitiges Ende.
Dann habe ich zwar zur Kenntnis genommen, dass Stevia als schlecht aus Saatgut vermehrbar bezeichnet wird, trotzdem wollte ich es mit einer Tüte aus dem Baumarkt von irgendeinem der großen Anbieter versuchen. Die Saat war verpackt in einer Keimschutzpackung, was wahrscheinlich ein wichtiges Detail ist, denn angeblich muss Stevia-Saatgut SEHR frisch sein. Jedenfalls lag die Tüte bei mir bestimmt 4 Monate oder mehr im Schrank, bevor ich zur Aussaat ca. im April geschritten bin. Die Keimquote war erstaunlich hoch, aus ca. 20 Korn konnte ich 12 Pflanzen erzielen. Ich habe sie pikiert, in einen Blumenkasten in den Wintergarten gepflanzt und wachsen lassen. Sie standen etwas eng und das Wetter war auch am Anfang heiß und trocken, so wuchsen sie lang und dünn, ich konnte ernten bis sich wieder zeigte, dass die Pflanzen ihr Gedeihen einstellen wollen.
Da ging mir ein Licht auf: Anscheinend verträgt Stevia es nicht, wenn Teile davon geschnitten oder abgebrochen werden. Immer dann - und erst dann - fingen bei mir die Pflanzen an zu mickern und am Ende einzugehen. Das ist insofern erstaunlich, als eine so süße Pflanze doch eigentlich stark unter Fraßschäden leiden muss. Und normalerweise "interessiert" es Pflanzen auch wenig, wenn von ihnen Stecklinge geschnitten werden, häufig kneift man sie ja sogar zurück, damit sie dichter werden.
Jedenfalls bin ich jetzt dazu übergegangen, meine Stevia nicht mehr zu bekneifen, bevor ich nicht die ganze Pflanze ernten möchte. Und dann nehme ich von der zu trocknenden Pflanze Stecklinge, die bisher auch immer gut angewachsen sind. Das klappt bei mir sehr gut.
Im Winter ist es zu kalt für die Stevia-Kultur, die Pflanzen ziehen ein und ich war mir durchaus nicht sicher, ob in dem Blumenkasten in meinem Wintergarten noch Leben steckt. Im Winter fällt die Temperatur dort auf um die 10° C. Aber erfreulicherweise haben die Pflanzen im Frühjahr wieder ausgetrieben und entwickeln sich kräftiger als je zuvor.
Sofern die Pflanze doch EU-Rechts-widrig als Nahrungsmittel genutzt werden soll, muss beachtet werden, dass man sie nicht einfach so wie Zucker verwendet werden kann: die Süße ist anders und als Treibmittel - wie Zucker - taugt Stevia nicht. Deshalb muss man testen oder eben ein Stevia-Kochbuch verwenden.